Die Bewertung des Vermögens hat im Estate Planning / Generationenberatung eine zentrale Bedeutung. Leider viel zu häufig wird diesem Aspekt eine eher untergeordnete Rolle beigemessen. Bei Immobilien verlässt man sich auf die Wertangaben des Kunden. Diese Werte werden im Anschluss für die wirtschaftlichen – zivilrechtlichen und steuerlichen Betrachtungen herangezogen. 

"Eine trügerische und fehlerbehaftete Vorgehensweise – wie das nachfolgende Beispiel beweist."

Im Rahmen eines Beratungsmandates, in welchem eine Immobilie eine zentrale Rolle spielte, wurde vom Kunden ein Wert von 3 Mio. genannt. Nach seiner Einschätzung, seien zur Zeit in München Verkaufspreise in der Größenordnung einer 20fachen Miete zu erzielen. 

Die Daten des Objektes:

Baujahr 1990
Wohn/Nutzfläche 938 m²
Grundstücksgröße 1.190 m²
Bodenrichtwert 2.000 m²
Anzahl der Wohnungen 18
Jahresnettokaltmiete 152.500 €
 
Mit Ausnahme des Bodenrichtwertes sind i.d.R. alle für die erbschaftsteuerliche Bewertung erforderlichen Daten vorhanden. Der Kunde war auch gerne bereit, die überschaubaren Kosten von 30 € für die Bodenrichtwertauskunft in München auf sich zu nehmen.
 
         

Die erbschaftsteuerliche Bewertung nach dem Ertragswert-verfahren lieferte mit FINESS einen Steuerwert von 2,38 Mio. (vor Privilegierung).
Eine Abweichung von 620.000 € zum Kunden genannten Verkehrswert.
(*standortspezifische Bewirtschaftungskosten und Bodenwertver-zinsung wurden nicht berücksichtigt)

 

Da im Rahmen des Estate Planning dem Verkehrswert für eine mögliche Erbauseinandersetzung, für Pflichtteile und Pflichtteilsergänzungsansprüche eine große Bedeutung zukommt und der Kunde Planungssicherheit haben wollte, wurde für das Objekt zusätzlich ein Verkehrswertgutachten erstellt. Zwischenzeitlich liegt dieses Gutachten vor und weist für das Objekt einen Verkehrswert von 3,6 Mio. aus.


Die Wertabweichungen im Überblick:

Wertangabe des Kunden: 3,0 Mio.
Verkehrswertgutachten: 3,6 Mio.
Berechneter erbschaftsteuerlicher Wert: 2,38 Mio.


Fazit:

Es gibt teilweise erhebliche Unterschiede zwischen Verkehrswert und erbschaftsteuerlichen Wert. Abhängig von den regionalen Gegebenheiten und dem anzuwendenen Bewertungsverfahren ist eine Abweichung in beiden Richtungen möglich. Darauf nicht hinzuweisen, bzw. diese Aspekte unberücksichtigt zu lassen kann aus Haftungs- und Imagegründen problematisch sein. Wer, wenn nicht wir als Estate Planner / Generationenberater sollen sich dem Thema Bewertung annehmen? Anwälte und Notare machen es in der Praxis in der Regel nicht. Mit den richtigen Arbeitsmitteln wie FINESS und einer strukturierten Herangehensweise ist die Bewertung ohne weiteres möglich.

Nachfolgend eine kurze Berater-Checkliste für den Umgang mit Immobilien:

Auftragsklärung

Wünscht der Kunde eine überschlägige oder eine ausführliche Betrachtung und Auswertung?
Über 90% aller Mandaten wünschen eine ausführliche Betrachtung und Auswertung!

Datenbeschaffung
Erforderliche Informationen gem. Datenerhebungsbogen
Plausibilitätsrecherche (Bewertungsabteilung, Immowelt, Immoscout, Immonet, Planethome,…)
Klärung Gutachterausschuss
Gibt es regionalspezifische Bewirtschaftungskosten und Bodenwertverzinsung?
Bodenrichtwertauskunft: www.boris-[bundesland].de, aktueller Immobilienmarktbericht (Kosten des Immobilienmarktbericht der Landeshauptstadt München € 65).
Netzwerk

Gutachter Immobilienbewertung - es sollte gewährleistet sein, dass die Gutachten von der Finanzverwaltung anerkannt werden.

Hinweis: Beleihungswertgutachten sind für solche Zwecke ungeeignet.

 

[05.08.16, Wohlsorge.de]