Von Pflegestufen zu Pflegegraden

Das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Das neue Begutachtungsverfahren und die damit verbundene Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade gilt seit dem 1. Januar 2017. Somit werden körperlich, geistig und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und in die Einstufung einbezogen. Nach einer Begutachtung wird der Grad der Selbständigkeit in sechs verschiedene Bereiche gemessen und mit unterschiedlicher Gewichtung zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt. Daraus ergibt sich die Einstufung in einen Pflegegrad. Die Sechs Bereiche sind: 

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte

Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung werden automatisch von ihrer Pflegestufe in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet.

Pflegegrade nach § 15 SGB XI

Pflegegrad   Beschreibung  erforderliche Gesamtpunkte
Pflegegrad 1  

geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit

ab 12,5 - unter 27
Pflegegrad 2 erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit ab 27 bis unter 47,5
Pflegegrad 3 schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit ab 47,5 bis unter 70
Pflegegrad 4 schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit ab 70 bis unter 90
Pflegegrad 5 schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung ab 90
 
 
Leistungen nach Pflegestärkungsgesetz 2:

Art der Leistung PG 1 PG 2 PG 3 PG 4 PG 5
Geldleistung ambulant   316 545 728 901
Sachleistung ambulant   689 1.298 1.612 1.995
Entlastungsbetrag ambulant 125 125 125 125 125
Leistungsbetrag stationär 125 770 1.262 1.775 2.005


Geldleistung ambulant:
Pflege erfolgt zu hause durch Familienangehörige


Sachleistung ambulant: Pflege erfolgt zu hause durch Pflegedienst

Entlastungsbetrag ambulant:

Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 € monatlich. Der Betrag dient der Erstattung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von:

  1. Leistungen der Tages- oder Nachtpflege
  2. Leistungen der Kurzzeitpflege
  3. Leistungen der ambulanten Pflegedienste
  4. Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebot zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI

Kombinationsleistung

Die Leistungen Geldleistung ambulant und Sachleistung ambulant können kombiniert in Anspruch genommen werden. Es erfolgt eine prozentuale Aufteilung. Der Prozentanteil, der für die Sachleistung nicht beansprucht wurde, kann anteilig als Geldleistung in Anspruch genommen werden.

Beispiel:

Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 3 beansprucht aus der Sachleistung ambulant € 649, dies entspricht 50% der Gesamtleistung. Somit können von aus der Geldleistung ambulant in Höhe von € 545 noch 50% in Anspruch genommen werden. Dies entspricht € 272,50. Die Gesamtleistung beträgt somit:

   € 649,00 Sachleistung ambulant
+ € 272,50 Geldleistung ambulant
= € 921,50 Gesamtleistung

[Bundesministerium für Gesundheit]

 

Ambulante Pflege von Angehörigen

Weiterführende Informationen rund um die Rechte und Pflichten bei ambulanter Pflege finden Sie im folgenden Ratgeber in Form eines E-Books. Dort finden Sie Antworten auf u.a. folgende Fragen:

  • Was ist ambulante Pflege?
  • Was kostet ambulante Pflege?
  • Wie viel finanzielle Unterstützung steht Ihnen je nach Pflegegrad zu?


[Allgemeine und rechtliche Fragen rund um die Pflege]

 

Erfassung und Berechnung mit FINESS

Pflegeleistungen 

Die Änderungen zum Pflegestärkungsgesetz 2 werden in FINESS bereits berücksichtigt. Altfälle werden automatisch umgestellt. Alle bisherigen Pflegestufen werden in nächst höhere Pflegegrade umgewandelt. Der Entlastungsbetrag von 125 € wird in die Tabelle Pflegeleistungen bei ambulanter Pflege in allen Pflegegraden bereits mit eingerechnet.

Künftig können Kombinationsleistungen berücksichtigt werden. Dabei werden Altfälle mit häuslicher Pflege und Pflege durch Angehörige in ambulante Pflege und alleinige Pflege durch Angehörige angepasst. Aus häuslicher Pflege, jedoch nicht durch Angehörige, wird ambulante Pflege mit zu 100% durch einen Pflegedienst. Die Kombinationsleistungen können bei Altfällen noch nachträglich erfasst werden.

Pflegekosten

Nachdem bis auf weiteres keine statistischen Pflegekosten für die einzelnen Bundesländer zur Verfügung gestellt werden, werden in FINESS die Pflegekosten in Höhe der Pflegeleistung angesetzt.

Bei einer Pflege durch einen Pflegedienst muss der Eigenanteil berücksichtigt werden. Als Informationsquelle kann dabei unter in einigen Bundesländern und Regionen auf Kostenschätzungen (Musterprofile, individuell) zurückgegriffen werden.

Besonderheit bei bestehender Demenz

Bei bereits bestehender Demenz werden die bisherigen Pflegestufen um einen Grad höher eingestuft. In diesem Fall kann in FINESS der Pflegegrad nachträglich angepasst werden. Bei einer späteren Einstufung in einen höheren Pflegegrad wird der Pflegekostenanteil auf den bisherigen Eigenanteil gedeckelt, sodass die Zuzahlungshöhe beibehalten wird. In FINESS können in einem solchen Fall die Pflegekosten manuell mit dem bisherigen Wert der Liquiditätsbilanz überschrieben werden.


Einkommensteuerliche Besonderheiten

Kosten für die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft und/oder die Inanspruchnahme von Pflegediensten werden als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Selbst erbrachte Pflegeleistungen eines Angehörigen führen nicht zum Abzug eigener fiktiver Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. FG Münster v. 15.04.2015, 11 K 1276/13 E).

Von den vorstehenden Kosten werden die Leistungen der Pflegekasse/Krankenkasse und eine zumutbare Belastung (vgl. § 33 Abs. 2 EStG) abgezogen.

Anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG können behinderte Menschen einen Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 EStG geltend machen.


Pflegekosteneigenleistung

Die Pflegeeigenleistung wird in der Bilanz unter 'außergewöhnliche Belastungen' zusätzlich zu den Pflegekosten erfasst.

Hier wird bei stationärer Pflege der Pflegeeigenanteil, also der Eigenanteil des Heimbewohners pro Monat eingegeben. Über die Pflegedienstsuche kann ein regionales Pflegeheim ausgewählt werden. Wurde eine Postleitzahl für die betreffende Person erfasst, wird bereits im jeweiligen Postleitzahlengebiet gesucht. Übernehmen Sie die den Eigenanteil pro Monat, sowie den Namen des ausgewählten Pflegeheims nach der Suche in den Dialog 'Angaben zu Pflegeumfang'. Wird kein bestimmtes Pflegeheim ausgewählt, legt FINESS den durchschnittlichen Anteil nach Bundesland zugrunde.

Zum Eigenanteil für die Pflegekosten zählen die Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten, zum Beispiel für Renovierungsarbeiten im Heim. Diese müssen die Bewohner komplett selbst tragen. Hierbei unterscheiden sich die Bundesländer mitunter gravierend, wie die aktuellen Zahlen des PKV-Verbands bestätigen.

Im März 2018 betrug im Bundesdurchschnitt der Anteil, den Pflegebedürftige bzw. ihre Angehörigen bei Unterbringung in einem Pflegeheim selbst tragen müssen, mehr als 1.750 Euro monatlich. Tendenz: steigend. Denn im Mai 2017 lag der Wert noch bei unter 1.700 Euro. Das zeigt eine Auswertung der PKV-Pflegedatenbank.

Darin sind die Daten von rund 11.400 vollstationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland erfasst, was einer nahezu vollständigen Abdeckung entspricht. In der Datenbank sind die Vergütungsvereinbarungen zwischen den Pflegekassen und den Heimen hinterlegt. Diese Vereinbarungen gelten für privat und gesetzlich Versicherte gleichermaßen. Denn anders als in der Krankenversicherung ist der Leistungsanspruch bei der Pflege in beiden Systemen gleich.

 

[Stand: 20.03.18]